Prof. Dr. Herfried Münkler analysiert in seinem Vortrag die gegenwärtige weltpolitische Situation, insbesondere die Herausforderungen der internationalen Ordnung im 21. Jahrhundert. Ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist die nach dem Kalten Krieg erhoffte Friedensordnung zusammen gebrochen. Der Vortrag thematisiert das Auseinanderfallen der Hoffnung auf eine internationale Ordnung mit universellen Rechtsnormen und einer liberalen Weltwirtschaft. Münkler beleuchtet die Konflikte zwischen autoritären (östlichen) und demokratischen (westlichen) Mächten und erörtert die Gefahr, dass durch diese Konflikte die globale Staatenordnung in eine zerstörerische Anarchie abrutschen könnte.
Der Vortrag fokussiert sich auf die komplexen Zusammenhänge der geopolitischen Lage, welche durch den Ukraine-Konflikt deutlich verschärft wurden. Münkler stellt dabei verschiedene Faktoren wie die Interessen rivalisierender Mächte, die Rolle von Machtstrukturen und die Bedeutung von Risikofaktoren für das globale Machtgefüge (insbesondere im Bezug auf die USA, China und Russland) in den Mittelpunkt seiner Analyse.
Der Vortrag fußt in weiten Teilen auf seinem Buch "Welt im Aufruhr: Die globalen Krisen und ihre Folgen" (2023). Hierin beschäftigt sich Münkler mit den aktuellen globalen Krisen und deren Auswirkungen auf die internationale Ordnung. Die zentralen Thesen des Buches lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Ende der stabilen Nachkriegsordnung:
Münkler argumentiert, dass die seit dem Zweiten Weltkrieg bestehende internationale Ordnung, die durch die Dominanz der USA und die Regeln des Westens geprägt war, an ihr Ende gelangt ist. Diese Ordnung wird durch neue Machtkonstellationen und Konflikte herausgefordert.
Rückkehr der Geopolitik:
Die Welt ist wieder stärker von geopolitischen Machtkämpfen geprägt, insbesondere durch den Aufstieg Chinas, die Revitalisierung Russlands unter Putin und die zunehmende Bedeutung regionaler Mächte. Münkler betont, dass diese Entwicklungen zu einer multipolaren Weltordnung führen, die instabiler und konfliktanfälliger ist.
Krise der liberalen Demokratien:
Die liberalen Demokratien des Westens sehen sich mit inneren und äußeren Herausforderungen konfrontiert. Dazu gehören populistische Bewegungen, soziale Spaltungen und die Infragestellung ihrer globalen Führungsrolle. Münkler warnt vor einem Vertrauensverlust in demokratische Institutionen.
Neue Formen der Kriegsführung:
Münkler analysiert, wie sich die Art der Kriegsführung verändert hat. Hybride Kriege, Cyberangriffe und die Nutzung von Desinformation sind zu zentralen Elementen moderner Konflikte geworden. Diese Entwicklungen machen es schwieriger, klare Fronten zu erkennen und Konflikte zu lösen.
Globale Interdependenz und Verwundbarkeit:
Die zunehmende Vernetzung der Welt durch Handel, Technologie und Kommunikation hat zwar Vorteile, macht Staaten und Gesellschaften aber auch anfälliger für Krisen. Beispiele sind die COVID-19-Pandemie, Lieferkettenprobleme und die Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen.
Klimawandel als globaler Krisenfaktor:
Münkler betont, dass der Klimawandel nicht nur eine ökologische, sondern auch eine politische und soziale Krise ist. Er verschärft bestehende Konflikte und führt zu neuen Migrationsbewegungen, die die internationale Ordnung zusätzlich belasten.
Notwendigkeit neuer Strategien:
Münkler plädiert für eine Anpassung der politischen Strategien, um mit den neuen Realitäten umzugehen. Dazu gehören eine stärkere europäische Zusammenarbeit, die Fähigkeit zur Selbstbehauptung in einer multipolaren Welt und die Entwicklung von Resilienz gegen hybride Bedrohungen.
Münklers Buch bietet eine umfassende Analyse der globalen Krisen und fordert dazu auf, die Herausforderungen der neuen Weltordnung realistisch und strategisch anzugehen. Es ist ein Appell, die Veränderungen zu verstehen und sich auf eine unsichere Zukunft vorzubereiten.
Münklers Vortrag analysiert die globale Instabilität im Kontext des Ukraine-Konflikts und der Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Machtstrukturen, erörtert potenzielle Risiken für die globale Ordnung und skiziiert Lösungsansätze aus einer europäischen Perspektive.